Polizei ermittelt gegen Scharon
Tel Aviv (dpa) - Die «heiße Phase» des israelischen Wahlkampfs hat am Dienstag mit einem Paukenschlag begonnen: Drei Wochen vor der Parlamentswahl am 28. Januar forderte Oppositionsführer Amram Mizna Ministerpräsident Ariel Scharon zum sofortigen Rücktritt auf, nachdem bekannt geworden war, dass die Polizei gegen Scharon und seine zwei Söhne Ermittlungen eingeleitet hat. Scharons rechte Likud-Partei ist bereits seit Wochen in mehrere Korruptionsskandale im Zusammenhang mit der Kandidatenkür für die Knessetwahl verwickelt.
Generalstaatsanwalt Eliakim Rubinstein bestätigte am Dienstag, dass im Zusammenhang mit Millionen-Zahlungen zur Finanzierung von Scharons Kampf um die Führung der Likud-Partei im Jahre 1999 eine Untersuchung gegen den 74-jährigen Premier und dessen Söhne Omri und Gilad laufe. Vertreter des Büros von Scharon erklärten dazu, sie verfügten über Dokumente, die die Unschuld Scharons und seiner Söhne bewiesen.
Zuvor hatte die Tageszeitung «Haaretz» unter Berufung auf ein Dokument aus dem Justizministerium berichtet, die Vorwürfe gegen Scharon und seine Söhne konzentrierten sich auf die Rückzahlung von illegalen Wahlkampfspenden von mehr als fünf Millionen Schekel (mehr als eine Million Euro), die Scharon 1999 von Gönnern über eine Schein-Firma erhalten hatte. Scharon habe mit dem Geld seinen innerparteilichen Wahlkampf für den Likud-Parteivorsitz nach dem Rücktritt von Benjamin Netanjahu finanzieren wollen. Scharons Wahlmanager Ejal Arad nannte den Bericht von «Haaretz» am Dienstag «eine Serie von Lügen, durch die Scharon gestürzt werden soll».
Der heutige Regierungschef war im Oktober 2001 vom israelischen Rechnungshof aufgefordert worden, fast fünf Millionen Schekel an die Spenderfirma zurückzuzahlen. Er nahm dafür laut «Haaretz» eine Hypothek auf seine Schafsfarm auf, die von der Bank jedoch wieder zurückgezogen wurde. Daraufhin habe er nach Vermittlung seiner Söhne einen Betrag von knapp 1,5 Millionen US-Dollar von einem südafrikanischen Geschäftsmann erhalten.
Scharon wird laut «Haaretz» vorgeworfen, bei einer Vernehmung im vergangenen Jahr nicht die Wahrheit über die Herkunft des Geldes gesagt zu haben. Zuvor hatte sein Sohn Omri, Scharons wichtigster persönlicher Berater, mehrfach die Aussage über die Herkunft des Geldes verweigert, um sich selbst nicht zu belasten.
Angesichts des drohenden Skandals kündigte das Büro Scharons am Dienstag eine Pressekonferenz zu den Vorwürfen an. Noch am Montag hatten Scharon-Vertraute eine Stellungnahme abgelehnt.
Oppositionsführer Mizna forderte nach Bekanntwerden der Untersuchung den sofortigen Rücktritt des Premiers, der mit seiner Likud-Partei bei allen Wahlumfragen deutlich vor der oppositionellen Arbeitspartei liegt. Mizna (58) nannte Scharon in Anspielung auf die Strukturen der italienischen Mafia einen «Paten» und die Likud-Partei «seine Familie».
Israels höchstes Gericht hörte am Dienstag die Einsprüche zweier arabischer Abgeordneter, denen die rechts-dominierte israelische Wahlkommission die Teilnahme an der Parlamentswahl verboten hatte. Ihnen wurde vorgeworfen, den Terror palästinensischer Extremisten nicht verurteilt und selbst zu Gewalt aufgefordert zu haben.
Die Kommission hatte in der vergangenen Woche mit knapper Mehrheit zugleich entschieden, dass auch die arabische Partei Balad nicht bei der Wahl antreten darf. Die Richter hörten außerdem einen Einspruch von Verteidigungsminister Schaul Mofas, dem die Kommission aus formal-rechtlichen Gründen eine Kandidatur untersagt hat.
© dpa - Meldung vom 07.01.2003 16:54 Uhr