Während der Erste Weltkrieg tobte, trafen sich 1916 britische und französische Unterhändler unter der Führung von Sir Mark Sykes und Georges Picot, um in einem Abkommen, dem Sykes-Picot-Abkommen, die Beute im Nahen Osten aufzuteilen. Nach dem Sieg über das damalige Osmanische Reich sollte dann das eroberte Territorium nach diesem Plan neu verwaltet und sollten die Rohstoffe ausgebeutet werden. Das Ganze geschah im geheimen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Parallelen zur heutigen Entwicklung sind erschreckend, mit einer Einschränkung, man macht keinen Hehl mehr aus den Macht- und Wirtschaftsinteressen. So liess der republikanische Senator Richard Lugar am Donnerstag in Washington verlauten, Frankreich und Russland müssten sich an einem Angriff auf den Irak beteiligen, wenn sie vom irakischen Öl profitieren wollten. Sie müssten sich sowohl an den militärischen Anstrengungen als auch an den Kosten beteiligen. Nur dann könnten sie Zugang zu irakischem Öl bekommen. («Neue Zürcher Zeitung» vom 24. Januar).
Frankreich hat bereits seit Jahren Verträge mit dem Irak über die Förderung von Öl. Kenner der Situation munkeln darum auch, dass die französische Regierung ihre Meinung zum Krieg ändern wird, wenn die USA erst einmal mit dem offiziellen Angriff gegen den Irak begonnen haben. Wie Russland reagieren wird, ist noch ungewiss, erst letzte Woche schloss es umfangreiche Verträge mit dem Irak bezüglich der Erdölförderung ab.
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Noch nie wurde so offen über den Krieg verhandelt, wie es in bezug auf den Irak geschieht. Noch nie war es so offensichtlich, dass für Macht- und Wirtschaftsinteressen das Völkerrecht mit Füssen getreten wird. Die USA verteilen die Beute und bestimmen, wer Nutzniesser von Rohstoffen - die ihnen nicht im geringsten gehören - sein darf und wer nicht, bevor es überhaupt eine völkerrechtliche Legitimation für eine militärische Intervention gibt. Vor welcher Entwicklung steht die Menschheit, wenn nur noch das Recht des Stärkeren zählt und alle internationalen Konventionen mit Füssen getreten werden? Welches Land wird das nächste sein, das einen Angriff zu gewärtigen hat?
Hier ist die internationale Gemeinschaft gefordert, dieser unsäglichen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Schon mehrmals gab es in der Geschichte Menschen, die sich aufgeschwungen haben, die Welt beherrschen zu wollen. Sie sind alle gescheitert nach unbeschreiblichen Verlusten an Menschen. Soll sich das alles wiederholen?
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