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 Palästinaonline-Forum
RobbiP. Offline

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Beiträge: 2.070

05.10.2002 00:06
Auge um Auge - Zahn um Zahn ---> Erklärung Antworten

Im folgenden Beitrag wird das bekannte Zitat, mit dem immer wieder versucht wird, das Judentum zu verunglimpfen oder gar mit dem Nahost-Konflikt in Zusammenhang gebracht wird, näher erklärt. Die Texte sind auszugsweise aus dem Buch "Zur Freiheit berufen" von Göran Larsson.

Das Schadensgesetz im Buch Exodus:
21,23 a Entsteht ein dauernder Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, 21,24 Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, 21,25 Brandmal um Brandmal, Beule um Beule, Wunde um Wunde.

Zunächst geht es um den Fall einer Körperverletzung während einer Auseinandersetzung: Der Täter ist haftbar zu machen und hat für die Zahlung des durch Lohnverlust und Arztkosten entstandenen Schadens aufzukommen.... Der nächste Fall dreht sich um eine Schwangere, die infolge eines Traumas eine Frühgeburt erlitten hat. Ihr wird eine Entschädigung zugesprochen, auch wenn sie und das Kind keinerlei bleibenden Schaden davongetragen haben...
Das darauf folgende Strafprinzip ist wohl das bekannteste, meist diskutierte und mißverstandene der gesamten Bibel. Es wird manchmal als "Vergeltungsgesetz" oder, in juristischer Fachsprache, als ius (oder lex) talionis, nach dem lateinischen Wort für "Gesetz" und talio, d.h. Vergeltung, bezeichnet. "Auge für Auge, Zahn für Zahn" ist für viele Menschen die knappe Wesensbeschreibung des sogenannten alttestamentlichen Gottes und einer der Gründe für die Charakterisierung des Alten Testaments und der jüdischen Ethik als hart, brutal und unmenschlich. Dieses Gesetz hat endlose antijüdische Ausbrüche auf den Kirchenkanzeln und in der theologischen Literatur entfacht. Es ist auch die Grundlage für Shakespeares Shylock in "Der Kaufmann von Venedig", einem boshaften Porträt, das den Massen für viele Jahrhunderte das Image des mythologischen, habgierigen Juden und seines angeblich unbeugsamen, harten Gerechtigkeitsverständnisses eingeprägt hat...

Ungeachtet des Prinzips "Auge für Auge, Zahn für Zahn" ist die Verstümmelung eine praktisch in der Bibel unbekannte Bestrafung. Nur an einer Textstelle wird eine derartige Strafmaßnahme erwähnt: Dtn. 25,11-12. In diesem Fall gelangt jedoch offensichtlich nicht die Regel "Auge für Auge, Zahn für Zahn"... zur Anwendung. In jüdischer Tradition geht es bei "Auge für Auge, Zahn für Zahn" ausschließlich um finanzielle Kompensation und nichts anderes.

Es gibt verschiedene Gründe, warum diese Interpretation das Vergeltungsprinzip (wenn dies überhaupt jemals zur Anwendung gelangte) ersetzt hat. Im Hinblick auf den sprachlichen Aspekt des Problems gilt festzuhalten, daß die hebräische Präposition, die mit „für“ in „Auge für Auge“ (tachat) übersetzt wird, auch „anstelle von“ und „als Entschädigung für“ übersetzt werden kann. Die Regel erscheint darüber hinaus in einem breiteren Kontext, in dem es um Schaden und Beschädigungen, nicht um Vergeltung geht (siehe 21,18-22, 26-36). In Ex. 21,26-27 ist ganz eindeutig, daß der Verlust des Auges und des Zahns zu einer Entschädigung führt. Man kann dieses Prinzip der Entschädigung daher auch mit Recht verallgemeinern und auf die vorangehenden Verse beziehen.

Auch in Lev. 24,17-21 kann eine Verbindung zwischen dem Gesetz („Auge für Auge, Zahn für Zahn“) und der Kompensation im Schadensfall erkannt werden. Im Vers 18 bringt die Wendung „Leben für Leben“ das Prinzip zum Ausdruck, daß jemand, der ein Stück Vieh aus der Herde eines anderen tötet, eine Entschädigung zahlen muß. In Vers 21 wird weiterhin betont, daß die Regel der Entschädigung nur bei der Tötung eines Tieres zur Anwendung gelangt, nicht im Falle eines Mordes an Menschen. Menschliches Leben ist jenseits jeden materiellen Wertes, für den eine Entschädigung geleistet werden kann. In gleicher Weise legt Num 35,31 fest, daß es kein Lösegeld „für das Leben eines Mörders“ gibt. Hieraus kann abgeleitet werden, daß die Bibel die Möglichkeit offenläßt, in allen anderen Fällen eine Entschädigung zu zahlen, d.h. in Fällen, in denen es ausschließlich um Körperverletzung geht.

Vielleicht denken mal in der Religion weniger betuchte Leute oder "Antijudaisten" über diese Erklärung nach, bevor sie gegen die Religion mit falschen Behauptungen agieren.

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