Meine Angaben zur Person sind wie folgt:
Name: Dr. med. Adnan Yahya
Geburtsdatum: 12.10.1930
Geburtsort: Tantura in der Nähe von Haifa - Palästina
Beruf: Facharzt für HNO Krankheiten (im Ruhestand)
Pass Nr.: (Im Dokument eingetragen)
Bericht betreffs der Ereignisse während der Eroberung des Dorfes Tantura am 23. Mai 1948:
Nach der Eroberung von Haifa im April 1948 bin ich zusammen mit meiner Familie zu meinem Geburtsort Tantura geflohen, wo meine Familie Land und Häuser besaß.
Während der Nacht auf den 23. Mai 1948 wurde dieses Dorf von bewaffneten Juden angegriffen und in den frühen Morgenstunden erobert. Als Zeichen für die Aufgabe unserer schwachen Verteidigung wurden weiße Stofftücher aufgehängt.
Nachdem wir uns auf diese Art und Weise ergeben hatten, wurden alle Männer von ihren Frauen und Kindern getrennt und wir mußten uns bis zum Nachmittag am Strand hinsetzen, ohne Schutz gegen die brennende Sonne und ohne Wasser oder Essen. So mußten wir uns auch an der gleichen Stelle erleichtern, in der Gegenwart von allen anderen, da es uns verboten war, unseren Platz zu verlassen.
Einige der Frauen und Kinder suchten Schutz im Keller unseres Hauses. Ein israelischer Soldat brach in das Haus ein und schoß in gegen die Decke. Daraufhin rannten Frauen und Kinder in blanker Panik, weinend und schluchzend übereinander, um das Haus zu verlassen. Diese Szene zu sehen war reiner Horror für mich.
Dann gab ein jüdischer Offizier, der - soweit ich es erkennen konnte - den Oberbefehl führte, den Befehl vierzig junge Männer auszuwählen. Ich konnte ihn verstehen, da ich in Haifa Hebräisch gelernt hatte. Ich selbst wurde auch ausgewählt. Geld, Schmuck und Uhren wurden uns weggenommen.
Wir wurden in Zweierreihen zum Friedhof des Dorfes geführt, wo wir ein großes Grab ausheben mußten. Andere junge Leute brachten erschossene Männer und Frauen aus dem Dorf, die wir in das Massengrab legen mußten.
Das schlimmste Erlebnis dieses Tages war, daß ich zusammen mit einem Schulfreund einen verwundeten Mann begraben mußte. Dabei hielt mein Schulfreund plötzlich inne und sagte schluchzend: "Adnan, das ist mein Vater, er lebt noch und schaut uns an. Was soll ich tun?"
Nur sechzehn der 40 Männer meiner Gruppe blieben am Leben. Alle anderen wurden erschossen. Sie wurden von den jüdischen Soldaten mit der Erklärung ausgesucht, daß dies ein Akt sei, um die angeblich von Arabern erschossenen jüdischen Verwandten zu rächen. Während dieser Aktion lachten sie laut und erzählten Witze.
Direkt vor Sonnenuntergang beendeten sie ihre Morde, weil jüdische Bewohner des uns freundlich gesinnten Nachbardorfes (Zekron Yaqoub) herbei gerannt kamen, um uns zu helfen. Ich denke außerdem, daß ein weiterer Grund, die Erschießungen einzustellen die Tatsache war, daß zur gleichen Zeit die jordanische Armee Ostjerusalem eroberte und mehrere jüdische Soldaten gefangen nahm.
So wurden wir die ersten Kriegsgefangenen (etwa 300 Männer im Alter von 15 - 50 Jahren, obwohl keiner von uns ein Soldat war.
Danach brachten sie uns im LKW zum Gefängnis in Zekron Yaqoub, wo wir Rücken an Rücken auf kleinstem Raum eingepfercht wurden. Wir mußten uns an Ort und Stelle erleichtern und aus Toiletteneimern trinken. Brot und Käse, die wir zu essen bekamen, wurden uns von oben zugeworfen, so wie Tiere gefüttert werden. Zu alledem wurden wir auch noch dem permanenten Terror jüdischer Soldaten ausgesetzt, wie z.B. Mißhandlungen, vorgetäuschte Hinrichtungen, wobei Maschinengewehre direkt auf uns gerichtet wurden.
Später wurden wir dann in ein verlassenes arabisches Dorf (Im Khaled) deportiert. Hier beginnt die Geschichte meiner Gefangenschaft, die ein Jahr andauerte und zwei meiner Brüder sowie mein Vater wurden ebenfalls gefangen genommen, mein Vater wurde nach etwa drei Monaten entlassen. In diesem Bericht möchte ich auf diese Geschichte nicht weiter eingehen.
Die Frauen und Kinder des Dorfes Tantura, unter denen sich auch meine Mutter und meine Geschwister befanden, wurden zu einem arabischen Nachbarort (Fridis) gebracht, welcher sich ohne Kampf ergab. Der damalige Bürgermeister war mein Schwager.
Nach einiger Zeit wurden sie wieder auf den LKW geladen und zur Grenze der Stadt Tulkram, einer palästinensischen Ortschaft, gebracht, die zu diesem Zeitpunkt von der irakischen Armee besetzt war. Die Frauen und Kinder mußten zu Fuß in der heißen Sonne und ohne Essen oder Trinken bis zu der Stadt laufen.
Das Dorf Tantura wurde geplündert und dann völlig zerstört. Nur eines der Häuser meiner Familie wurde verschont und man kann es dort noch heute in baufälligem Zustand sehen.
Vor Gott sind alle Menschen gleich